Die Russische Orthodoxe Kirche im Ausland verwalte-
te sich seit dem J ahre 1927 unabhängig von der Patriar-

c h a t s k i r che

undbetrachtetesichseitdemalsdenfre i e n

Teil, die Patriarc h a t s k i r che als den unfreien Teil derselben

K i r che. Beide Teile und die Kirche der Katakomben bilden

- nachA u ffassung derA u s l a n d s k i r che - die Russische Or-

thodoxe Kirche.

Der Vernichtungsfeldzug gegen die Kirche erreichte in
den 30er Jahren seinen Höhepunkt. Von den einstmals
79 000K i r chen und Kapellen waren 1939 noch ca. 100
für Gottesdienste geöffnet. Alle 1200 Klöster waren b e-
reits bis 1929 geschlossen, zum Großteil auch zerstört

w o r den. Die Geistlichen Akademien, Seminare, die kirc h -

lichen Schulen, sowie all karitativen und bildungspoliti-
schen Einrichtungen waren seit den 20er Jahren geschlos-

sen.

DieganzeSinnlosigkeitderKampagnengegenden

Glauben, der Terror und die Vernichtung zeigten sich nach

dem Zusammenbruch der Sowjetunion. Heute gehöre n
zur ROK zwischen 50 und 70 Mio. Gläubige. Seit 1990
w u r den rund 12 000K i r c hen, mehr als 300Klöster und
rund 50 Geistliche Seminare und Akademien von den

Gläubigen untergroßerOpferbereitschaftwiederaufge-

baut.DerinnereAufbau,die Aufarbeitungdereigenen

Geschichte,istfürdasLandunddieMoskauerPatriar-

chatskirche eine große, bislang ungelöste Aufgabe.

23

2. Die Russische Orthodoxe Kirche im
Ausland

Die Russische Orthodoxe Kirche im Ausland (Russka-

ja Pravoslavnaja Cerkov’ zagranicej) istdie russische Exil-
k i r che,dieseitnunmehr80J a h renru s s i s c h - o r t h o d o x e

Christen in der weltweiten Diaspora betreut.

Die Russische Orthodoxe Kirche im Ausland, verkürzt

oft als „Auslandskirche“ bezeichnet, führt ihr Entstehen
auf die Bürgerkriegssituation des Jahres 1919 in Rußland

zurück, als die südrussischen Diözesen aufdemTe r r i t o r i-

umderWeißenArmeedenKontaktzurMoskauerKir-

chenleitung

verloren

und

eine

“Oberste

Kirc h e n v e r -

waltung” gründeten, um notwendige kirchliche Beschlüs-

sedurc h f ü h renzu können.
Im Novemb er1920w u rd e

diese

“Oberste

Kirc h e n -

verwaltung” zusammen mit

den

Resten

der

”We i ß e n

Armee”

nach

Konstanti-

nopel

evakuiert.

We n i g e

Tage nach derEvakuieru n g

w u rde

vom

Pat riarc h e n

Ti c h o n und dem Hl. Synod
das Dekret Nr. 362 v. 20.
November 1920 e r l a s s e n ,

dasdieA u s l a n d s k i rche bis

zumheutigen

TagalsBe-

weisihrerExistenzbere c h-

24

IMAGE seide200212.gif

Patriarch Tichon (1865-1925)

tigungbetrachtet.In diesemDekretverfügtender Patri-

arch und der Hl. Synod, daß in Diözesen, die “in Folge von

Verschiebung der Front, Änderung der Staatsgrenzen und

ähnlic hemjegliche Verbindung zurObersten Kirc h l i c h e n

VerwaltungverlierenoderwenndieObersteKirc h l i c h e

VerwaltungmitdemA l l e rheiligstenPatriarchen

ander

Spitzeaus irgendeinemGrunde selbstihre Tätigkeitein-

stellt,...sic hderDiözesanbischofunverzüglichmitden

Bischöfen der Nachbardiözesen inVerbindung zu setzen

(hat),zudemZweck,fürmehre r eDiözesen, diesichin

gleicherLagebefinden,eineoberstekirchlicheVe r w a l-

tungsinstanzzusc haff en...DieBildungeinerObersten

K i rchenleitung

ist...unabdingbarePf lichtdesindieser

Gruppe rangältesten Bischofs”.

Dieses Dokument bestätigte nachträglich nicht nur die

GültigkeitundBeschlüsse derOberstenKirc h e n v e r w a l -

tungaufdemsüdrussischenTerritoriumwährendder
J a h r e1919/1920, sondern bildete auch eineA n w e i s u n g

für die künftige Verwaltung jener Gemeinden und Diöze-

sen,

diesichaußerhalb

desJurisdiktionsbereichesdes

Patriarchats befanden. Das Dekret darf daher nicht nur auf

die

Zeit

vor

derEvakuierungangewandtwerden.

Es

w u r de erlassen, als die Evakuierung bereits abgeschlossen

w a r . Auc h in Rußlandkames in denFolgejahren immer

wieder zur Anwendung.

G rundlagefürdieLeitung derRussischen Exilkirc h e

w u r de dieses Dokumentzusamm en mitden Bestimmun-

25

gendesRussischen
1917/1918.

Landeskonzils

vom

Jahre

Vorsitzender dieser Obersten Kirchenverwaltung wur-

de Metropolit Antonij (Chrapovickij), einer der angesehen-
sten russischen Theologen des 20 Jh. Er war übrigens auf
dem Russischen Landeskonzil 1917/1918der Kandidat

für das Patriarchenamtgewesen, der die meisten Stimmen

des Konzils erhalten hatte. Die endgültige Wahl fiel dann

durch Losentscheid auf Erzbischof Tichon (Bellavin).

EinerEinladung desserbischen Patriarchatsfolgend,

übersiedelten Metropolit Antonij und die Oberste Kirchen-

verwaltung nach Jugoslawien, woihnen in der Sommer-

residenz desserbischen Patriarchen, in Karlovitz, Räum-

lichkeiten zur Verfügung gestellt wurden. Nach diesem er-

26

IMAGE seide200213.gif

Teilnehmer des Gesamtkonzils der Auslandskirche, Sr. Karlowitz
1921