Inhaltsverzeichnis

I.

Zur Lage der Russischen Orthodoxen Kirche seit der

Oktoberrevolution ...........................................................7

1.

Die Russische Orthodoxe Kirche unter der Sowjet-

herrschaft......................................................................7

2.

Die Russische Orthodoxe Kirche im Ausland.......23

3.

Konsolidierung und Aufbau des kirchlichen Le-

bens in der Emigration .............................................40

4.

Bedeutung und Größe der Russischen Orthodoxen

Kirche im Ausland: Stand 1997/1998.....................52

5.

Die Auslandskirche unter dem Nationalsozialis-

mus: Gab es eine Kollaboration?.............................62

II.Die Russische Orthodoxe Kirche in Deutschland ...82

1.

Kirchen für Diplomaten, Adlige und Kurgäste ....82

2.

Die russische Geistlichkeit und ihr Wirken in

Deutschland: Seelsorge und Begegnung mit der

Orthodoxie .................................................................94

3.

Die Russische Orthodoxe Kirche in Deutschland in

den Jahren 1920-1945 ..............................................106

4.

Die russischen Gemeinden nach 1945..................122

5.

Schulen, Jugendarbeit und kirchliche Organisatio-

nen .............................................................................133

6.

Ein orthodoxes Mönchskloster in Deutschland..140

7.

Begegnung mit der Orthodoxie: Russische Ortho-

doxe Kirche im Ausland und die Ökumene........151

8.

Zusammenfassung und Ausblick .........................170

III. Dokumente ....................................................................176

IV. Weiterführendes Schrifttum.......................................188

6

I. ZUR LAGE DER RUSSISCHEN ORTHO-
DOXEN KIRCHE
SEIT DER OKTOBERREVOLUTION

1. Die Russische Orthodoxe Kirche
unter der Sowjetherrschaft
Im Jahre1917bildete die Russische Orthodoxe Kirche
diegrößte Nationalkirche derWelt. Sie b etreutefast90
Millionen Gläubige. Sie verfügte über54 000G e m e i n d e -
kirchen und 25 000Kapellen. Die Gläubigen wurden von
163Bischöfenund51 105P f a r r geistlichenbetreut.In
den 1257Klöstern lebten 110 000Mönche, Nonnen und
Novizen. Die Ausb ildungderGeistlichkeitfandan185
GeistlichenSchulenund61GeistlichenSeminarenund
Akademienstat t.ZudenPfarreiengehörtenknapp38
000
k i r chlicheSchulen,andenenetwa2M i l l i o n e n
SchülerihreGrundausbildungerhielten,sowie35 000

Gemeindebibliotheken. A u ß e r dem unterstanden der Kir-
che 291 K r a n k e n h ä u s e r, 1 113Pflegeheime, sowie zahl-

reiche karitative, soziale undberufsbildende Einrichtun-

gen.

IMAGE seide200201.gif

8

IMAGE seide200202.gif

Doch nichtnur in We s t e u ropawurden russische Kir-

chen errichtet: in C h i n a war die Russisc he Orthodoxe Kir-
che seit 1695, in N o rd a m e r i k a seit 1793 in S ü d a m e r i k a
seit 1889, im Hl. Land seit 1847vertreten. Seit dem Jahre
1870 gab es in N o rd a m e r i k a ein eigenes russisches Bis-
tum, zu dem im Jahre 1918 mehr als 300 K i r chen, vier

KlösterundeinGeistlic hesSeminargehörten.ImJahre
1901wurde ein russisches Bistum in China errichtet, dem

außerKirchen und Klöstern auch zahlreiche Schulen un-

terstanden.ImHl. LandunddemNahen Ostenmissio-

nierte und unterstützte die ROK die christlic he arabische
B e v ö l k e r ung, hier gab es vor dem I. Weltkrieg allein 93
Schulen mit mehr als 10 000Schülern.

Dergroße Einfluß, den dieRussische Orthodoxe Kir-

cheaufdasgeistig-kulturelle, dassoziale undpolitische

Leben des Landes in der Geschichte ausgeübthat te, wird

wohl am deutlichsten dadurch dokumentiert, daß dasalte

RußlandaufgrundderReligiositätseinesVolkes,seiner

9

vielen Kirchen und Klöster unter den europäischen Staa-

ten den Beinamen das “Heilige Rußland” erhalten hatte.

Nach der bolschewistischen Machtergreifung im Okto-
ber1917w u rde dieweitereEntf altung von Kircheund

Religion gewaltsamunterdrückt. Die neuenMachthaber

begnügtensichnichtmitderTrennungvonKircheund

Staat, derEnteignungdesgesam ten kirchlic henBesitzes

und dervollständigen Ve rdrängung derKirc he ausdem

ö f fentlichenLeben,siebegannenschonwenigeWo c h e n

nach der Oktoberrevolution einen massiven Vernichtungs-

feldzug gegendieKirche, dieGeistlichkeit, die Mönche

und Nonnen sowie die Gläubigen. Das Ziel dieser Politik

bestand in der Vernichtung der Kirche als Institution und

der Ausrottung des religiösen Bewußtseins im Volk.

Anläßlich des ersten Jahrestages der Oktoberre v o l u -
tion im November 1918 wandte sich Patriarch Ti c h o n a n

die neuen Machthaber. In seinemSendschreiben geißelte

derPatriarchdieWillkürundGewaltimLande.Mutig

10

IMAGE seide200203.gif

Präsidium des Russischen Landeskonzils im Jahre 1917, in der
Mitte:Patriarch Tichon, rechts vom Patriarchen: Metropolit Anto-
nij(Chrapovickij), Oberhaupt der ROK im Ausland 1920-1936.