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schwächliches Kind war, und wenig as. Als das englische Kindermädchen der

Maximowitschs den Eifer des erst 14 -jährigen Mischa um einen reinen Lebenswandel

sah, lies sie sich in die Orthodoxie aufnehmen. Nach Absolvierung des Kadettenkorps

in Poltova trat der hl. Johann zu Beginn des 1. Weltkrieges in die Kaiserliche Universität

von Charkau ein und beendete dort, noch vor deren Schließung durch die Sovjets, die

juristische Fakutät im Jahre 1918. Es wird berichtet, daß der Student Michail seine

Studienzeit mehr mit dem Lesen von Heiligenviten als mit dem Besuch der

Vorlesungen verbrachte, indem er das Gebot Gottes zu erfüllen suchte zuerst nach dem

Reich Gottes zu suchen. In dieser Zeit wurde er mit dem seligen Metropoliten Antonij

Krapowitzkij, dem damaligen Erzbischof von Charkau bekannt, der sein geistlicher

Vater wurde und bis zu dessen Tod blieb. Nach dem Abschluß des Jurastudiums,

arbeitete der hl. Johann am Charkauer Gerichtshof, als die Ukraine von Hetman

Skoropadskij verwaltet wurde und die Freiwilligenarmee dort war.

Charkau war in der Zeit, als der hl. Johann dort seine ihn prägenden Jahre verbrachte

eine typische Stadt des heiligen Rußlands, in welcher der für heilige Erscheinungen

empfängliche Johann die Vorbilder für sein späteres Leben bekam. Zwei wundertätige

Ikonen der Gottesmutter, die Oserjanskaja und die Eletskaja wurden zweimal im Jahr

von den Klöstern in denen sie aufbewart wurden in einer Prozession zur

Mariaentschlafenskathedrale getragen, und im Mariaschutzkloster, in der mit Fresken

ausgemalten Krypta unter dem Altar befanden sich die sterblichen Überreste des

heiligmäßigen Erzbischofs Melety Leontowitsch, der nach seinem Tod im Jahre 1841

denjenigen, die an seinem Sarg für ihn ein Totenamt zelebrieren ließen wunderbare

Hilfe schickte. Schon zu Lebzeiten wurde dieser Erzbischof wegen seiner strengen

Askese verehrt, besonders wegen seiner Schlaflosigkeit. Es war bekannt, das er die

Nächte stehend mit erhobenen Händen, in tiefem Gebet zubrachte und daß er den Tag

und die Stunde seines Todes vorrausgesagt hatte.

Nachdem der hl. Johann von den Kommunisten einigemale inhaftiert worden war, mit

dem Ziel ihn in seiner Gesinnung einzuschüchtern, was aber überhaupt keine Wirkung

gezeigt hatte, wurde er im Jahre 1921 zur Zeit des russ. Bürgerkrieges zusammen mit

seinen Eltern und seinen Geschwistern nach Belgrad evakuiert. Dort beendete er im

Jahre 1925 das Theologiestudium, das er sich mit Zeitungsaustragen finanziert hatte.

1924 wurde der hl. Johann durch Metropolit Antonij zum Leser geweiht, 1926 zum

Mönch und Diakon im Milkovokloster, mit dem Namen Johann nach dem hl. Johann

von Tobolsk, einem entfernten Verwandten der hl. Johann und am 21. Nov. desselben

Jahres von Bischof Gabriel von Tscheljabinsk zum Priestermönch. Von 1925 bis 1927

war der hl. Johann Religionslehrer an der Serbischen Staatlichen Hochschule und von

1929 bis 1934 Tutor am Serbischen Seminar des hl. Johannes des Theologen in Bitol, in

Makedonien. Er begeisterte seine Schüler durch seine strenge Askese und seine

pädagogischen Fähigkeiten. Das Verhältnis zu seinen Schülern war das eines älteren

Bruders zu seinen jüngeren Geschwistern. Seit seiner Scheerung zum Mönch schlief der

hl. Johann in keinem Bett mehr, sondern begnügte sich mit 1 bis 2 Stunden Schlaf in

einem Sessel oder auf dem Boden vor den hll. Ikonen, wenn er während des Gebetes

vor diesen vom Schlaf übermannt wurde. Unter der geistlichen Führung des seligen

Metropoliten Antonij hatte er sich daran gewöhnt nur einmal am Tag, spät in der

Nacht, warme Speise zu sich zu nehmen. Er zelebrierte jeden Tag die Göttliche Liturgie

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oder nahm zumindest an den göttlichen Mysterien teil und inspirierte seine Studenten

durch sein Vorbild und väterliche Liebe zu den Idealen der Christlichen Lebensführung

und des Heiligen Russland. Der damalige Bischof Nikolaus Welimirowitsch von Ochrid,

ein serbischer Johannes Chrysostomos, in dessen Diozese der hl. Johann als Tutor tätig

war, liebte wie der selige Metropolit Antonij, den hl. Johann wegen seiner strengen

Askese und sagte,-daß wenn jemand einen lebenden Heiligen sehen wollte, er nach

Bitol zu Vater Johann gehen müsse. Schon in dieser Zeit geschahen auf die Gebete des

hl. Johann, der regelmäßig mit der Ikone des hl. Nikolaus Kranke besuchte,

Wunderheilungen. 1934 wurde entschieden den Priestermönch Johann in den

Bischofsrang zu erheben.

Der hl. Johann fühlte sich eines solchen Ranges unwürdig und erklärte einer

Jugendfreundin, die er auf dem Weg zur Synode in Belgrad traf, daß ein schrecklicher

Irtum mit ihm unterlaufen sei. Irgend ein Johann wurde von der Synode für das

Bischofsamt ausgewählt und irrtümlich ihm der Brescheid zugeschickt. Als er dieselbe

Bekannteauf dem Rückweg von der Synode wiedertraf erklärte er ihr, daß es noch

schlimmer gekommen sei als er befürchtet hatte, weil die Synode tatsächlich ihn zum

Bischofsamt ausgewählt hatte. Vor den versammelten Bischöfen hatte der hl. Johann,

unter Hinweis auf seinen Sprachfehler auf Grund dessen er die Worte nicht klar

aussprechen konnte, gegen diese Entscheidung ihn zum Bischof zu machen protestiert.

Sie wurde damit abgelehnt, das auch Moses einen Sprachfehler gehabt hatte. Am 28.

Mai 1934 vollzog der selige Metropolit Antonij von Kiev und Galizien seine letzte

Bischofsweihe, an seinem geistlichen Lieblingskind dem hl. Johann und entsandte ihn

an seiner statt in den fernen Osten zu Erzbischof Dimitrij von Harbin. In einem Brief an

Erzbischof Dimitrij schrieb der selige Metropolit Antonij: ". . . Aber an meiner Stelle, als

meine Seele, mein Herz sende ich dir Vladika Bischof Johann. Dieser kleine,

gebrechliche Mann, der fast wie ein Kind ausschaut ist in Wirklichkeit ein Wunder an

asketischer Festigkeit und Durchhaltevermögen in unserer Zeit, der vollständigen

geistlichen Ermattung. " Vladika Johann wurde in die Diozese von Schanghaj bestimmt.

Ende November zum Fest "Einführung Mariens in den Tempel" kam Vladika Johann in

Schanghaj an. Als Erstes bemühte er sich um die Befriedung zwischen den

verschiedenen Juridiktionen, und baute eine angefangene Kathedralkirche zu Ende. Er

kontrolierte die religiöse Ausbildung der Kinder, wurde Schutzherr verschiedener

mildtätiger Vereinigungen und beteiligte sich aktiv an ihrer Arbeit, besonders seitdem

er gesehen hatte, unter welchen Bedingungen die Mehrheit seiner geistlichen Herde,

die aus Flüchtlingen aus der Sovjetunion bestand, lebten. Niemals nahm er eine

Einladung von reichen Leuten an, sondern hielt sich immer dort auf wo Not war,

unabhängig von Zeit und Wetter. Er organisierte ein Waisenhaus für obdachlose

Kinder und solche aus armen Familien, die er zum Teil selbst auf der Straße auflas und

unterstellte sie dem hl. Tichon von Sadonsk einem Heiligen, den er sehr verehrte und

der die Kinder liebte. 35OO Kinder nahm er insgesammt während seiner Zeit in

Schanghaj auf und evakuierte beim Herannahen der Kommunisten alle über die

Philipienen nach Amerika.

Auch als Bischof blieb Vladika Johann seiner einmal begonnenen Askese treu, deren

Fundament die Gottesfurcht war. Sie bestand aus Gebet, Fasten und Werken der

Nächstenliebe. Der hl. Johann aß einmal am Tag, gegen 11.00 Uhr abends. Während der

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ersten und der letzten Woche der großen Fastenzeit aß er überhaupt nicht und an den

anderen Fastentagen nur vom Brot aus dem Altarraum. Die Nächte verbrachte er

gewöhnlich im Gebet, und mit dem Lesen der Heiligen Schrift. Der Weckdienst fand ihn

am Morgen oft auf dem Boden gekauert in der Ikonenecke, wo er nach seinem

arbeitsreichen Tag, während des Gebets vom Schlaf überwältigt worden war. Auf einen

kleinen Schlag auf die Schulter stand Vladika schnell auf und war in wenigen Minuten

für den Morgengottesdienst fertig.

Jeden Tag absolvierte der hl. Johann den vollständigen Gottesdienstzyklus bestehend

aus Mitternachts- , Morgen- und Abendgottesdienst. Auch wenn er krank war, und

unabhängig davon, wo er sich befand, sogar wenn er sich im Taxi oder im Zug befand;

die notwendigen Gottesdienstbücher hatte er, auch unterwegs immer bei sich. Täglich

zelebrierte der hl. Johann die göttliche Liturgie oder nahm zumindest an den Göttlichen

Mysterien teil. Er liebte es die Kranken zu besuchen, ihnen die Beichte abzunehmen

und die Göttlichen Mysterien zu reichen. Wenn der Zustand des Kranken kritisch war,

kam der hl. Johann zu jeder Tag- und Nachtzeit um am Bett des Krankenzu beten.

Sehr oft wurden seine Gebete erhört und der Kranke unabhängig davon wie schwer

seine Krankheit sein mochte, und die Ärzte ihn schon aufgegeben hatten, wieder

gesund. Auch die Gefängnisse besuchte der hl. Johann und feierte dort für die

orthodoxen Insassen die Göttliche Liturgie. Außerdem besuchte der hl. Johann die

Irrenhäuser. Er unterschied zwischen Geisteskranken und Besessenen.

Unerwarteterweise empfingen sie ihn ganz ruhig und freuten sich auf seinen Besuch. Er

gab ihnen die Göttlichen Mysterien und sie hörten ihm zu. Neben dem Dienst am

Nächsten bewältigte der hl. Johann auch die ganze bürokratische Administration seiner

Diozese.

Als es während der Japanischen Okupation lebensgefährlich war nachts das Haus zu

verlassen fuhr der hl. Johann fort zu jeder Nachtzeit alle Kranken und Bedürftigen zu

besuchen und wurde niemals angerührt. Noch mehr, als in dieser Zeit die Japaner

versuchten unter anderem auch die russ. Kolonie ihrem Willen gefügig zu machen und

bereits zwei Vorsitzende des russ. Emigrantenkomitees, die versucht hatten ihre

Unabhängigkeit zu bewahren, umgebracht worden waren, so daß als Folge davon

unter den russ. Emigranten große Verwirrung und Schreckenherrschte, erklärte sich

der hl. Johann, entgegen den Wahrungen russ. Kolaboranten mit den Japanern, selbst

zum Haupt der russ. Kolonie. Gegen Ende des Krieges wurden die russ. Geistlichen mit

Propaganda und Druck bearbeitet, um sich dem neuerwählten "Patriarchen", der von

den Sovjetkommunisten bevormundetenten Russischen Kirche zu unterstellen. Von

den damals noch lebenden 6 Hierarchen im fernen Osten unterstellten sich 5 dem

neuen Patriarchen. Nur der hl. Johann widerstand und blieb der Russischen

Auslandskirche treu. 1946 wurde er in den Rang eines Erzbischofs aller orthodoxen

Gläubigen in China erhoben.

Als die Kommunisten in China an die Macht kamen, waren die russ. Emigranten

gezwungen China zu verlassen. Die meisten emigrierten über die Philipinen. 1949

lebten an die 5OOO vom chinesischen Festland gekommene Flüchtlinge in einem Lager

der Internationalen Flüchtlings- organisation auf der Insel Tubabao in den Philippinen.

Diese Insel liegt in dem Bereich der gewöhnlich von jahreszeitlich bedingten Taifunen

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heimgesucht wird. Während des 27-monatigen Aufenthaltes der Lagerinsassen auf der

Insel wurde diese nur einmal von einem Taifun bedroht. Als einmal ein Russe seine

Angst vor Taifunen gegenüber einem Pilipienen äußerte antwortete dieser, daß es

keinen Grund zur Sorge gäbe"euer heilige Mann segnet euer Lager jede Nacht nach

alles vier Himmelsrichtungen. " Diese Worte bezogen sich auf den hl. Erzbischof

Johann, denn während seines Aufenthaltes auf der Insel wurde sie von keinem Taifun

getroffen; der einzige Taifun, der sich der Insel näherte teilte sich, auf die Gebete des hl.

Johann, vor der Küste in zwei Teile und zog auf diese Weise rechts und links an der

Insel vorbei, ohne Schaden zu tun, und vereinigte sich erst auf der gegenüberliegenden

Seite der Insel wieder. Erst nachdem das Lager zum größten Teil aufgelöst worden war

und noch 200 Personen übriggeblieben waren, wurde die Insel von einem furchtbaren

Taifun getroffen, der das Lager vollständig zerstörte.

Die meisten Flüchtlinge siedelten nach Amerika oder nach Australien über. Der hl.

Johann selbst reiste nach Washington D. C. , um für seine Landsleute die

Einreiseerlaubnis nach Amerika durchzubringen. Hierfür wurde extra ein Gesetz

geändert und fast das gesammte Lager kam in die "Neue Welt", Dank des Einsatzes des

hl. Erzbischofs.

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Der hl. Erzbischof Johann Maximowitsch in Westeuropa

1951 bekam der hl. Erzbischof Johann die Erzdiozese Westeuropa mit den

Bischofssitzen in Paris und später in Brüssel. Hier bemühte er sich nicht nur um die

Russen in der Zerstreuung mit denselben Arbeiten wie vorher in Schanghaj, sondern

auch um Einheimische. Er nahm unter seine Verwaltung die Holländischeund die

Französische Orthodoxe Ortskirche und spornte sie an in der Orthodoxie

fortzuschreiten. Er zelebrierte die Göttliche Liturgie auf holländisch und auf französisch,

wie er sie früher auf griechisch und auf chinesisch zelebriert hatte und später auf

englisch zelebrierte.

Das Interresse und die Verehrung für die Heiligen, deren Gedächtnis für den hl.

Johann unbegrenzt zu sein schien, weitete sich nun auch auf die Heiligen des Westens,

vor seinem Abfall von der Orthodoxie aus,die zum Teil nur örtlich verehrt wurden

und in keinem orthodoxen Kalender standen. Er sammelte ihre Viten und Bilder und

reichte eine Liste von ihnen beim Synod ein.

Der Ruf von der Heiligkeit des Erzbischofs Johann verbreitete sich sowohl unter

Orthodoxen wie unter Nichtorthodoxen. Viele Menschen bezeugten Wunder, die durch

die Gebete vom hl. Erzbischof Johann bewirkt worden waren. Zu Beginn seiner

Tätigkeit in Westeuropa, als der hl. Johann in Versailes wohnte dienten ihm zwei

anliegende Garagen in Paris als Kathedralkierche, bis ein passendes Haus gefunden

wurde, in welchem er eine Hauskirche einrichtete. Damals lief er noch häufig barfuß

und zelebrierte auch die Liturgie unbeschuht, vielleicht aus der starken Erfahrung der

Kreatürlichkeit des Menschseins in der unablässigen Vereinigung mit Gott durch das

immerwährende Gebet. Als die Synode ihm auf Beschwerden hin befahl in Zukunft