2. Oktober – Das Leben des heiligen Andreas, des Narren um Christi willen.
jene Frau sah, daß die Äthiopier diejenigen, die den Heiligen schlugen, kennzeichneten
und untereinander sprachen:
„Uns ist es angenehm, daß sie ihn ohne Verstand
schlagen, denn für die Peinigung eines unschuldigen Gottgefälligen werden sie ihrer
Todesstunde verurteilt werden, und es wird für sie keine Rettung geben.“Als der
Selige dies hörte, warf er sich gemäß der Eingebung des Göttlichen Geistes auf sie wie
eine Flamme und vernichtete mit wunderbarer Kraft die Zeichen der Dämonen und
sprach gegen sie zürnend:
„Ihr dürft nicht die mich Schlagenden kennzeichnen, denn ich bete zu meinem
Gebieter, daß Er ihnen die mir beigebrachten Schläge nicht als Sünde anrechne. Sie tun
dieses aus Unwissenheit und wegen ihrer Unwissenheit werden sie Vergebung
Als der Heilige dies sprach, öffnete sich plötzlich der Himmel ähnlich
einem Tor und es senkte sich von dort eine Menge von Vögeln auf den Heiligen und in
ihrer Mitte eine große weißgefiederte Taube, die in ihrem Schnabel einen goldenen
Ölbaumzweig hielt. Und die Taube sprach zum Heiligen mit menschlicher Stimme:
„Nimm diesen Zweig. Der Herr Allherrscher sendet ihn dir zum Zeichen Seines
Wohlgefallens an dir, denn du hast Mitleid und verzeihst denen, die dir Schläge
zufügen, und betest für sie, damit ihnen dies nicht als Sünde angerechnet werde.“
Mit diesen Worten ließ sich die Taube auf dem Haupt des Heiligen nieder. Eine fromme
Frau sah dies alles , wunderte sich und nachdem sie nach dem Sehen zu sich gekommen
„Wieviel Leuchten [Heilige] hat Gott auf der Erde und niemand erkennt sie. Viele Male
nahm sich die Frau vor, über das Gesehene Anderen zu berichten, aber die Kraft Gottes
hinderte sie daran. In der Folge begegnete der Hl. Andreas ihr an einem Ort und sagte
zu ihr:„Bewahre mein Geheimnis, Barbara, und das, was du sahst, erzähle es
niemandem solange bis ich hingehe „zum Ort des wunderbaren Zeltes bis zu Gottes
„Ehrwürdige Leuchte und Heiliger Gottes, antwortet Barbara, auch
wenn ich meine Schau jemandem berichten wollte, so kann ich nicht, denn die
unsichtbare Kraft Gottes hinderte mich.“
Bei seinem Gehen durch die Stadt
begegnete der hl. Andreas einmal einem gewissen Fürsten und, da er sein Leben
hellsichtig erkannte, spuckte er auf ihn mit den Worten: „Du übler Wüstling, du
Lästerer der Kirche, du gibst vor, in die Kirche zu gehen; du sprichst: „Ich gehe zum
Morgenamt“ aber in Wirklichkeit geht du zum Satan zu abscheulichen Taten. Oh, du
Verbrecher, der du in der Mitte der Nacht aufstehst und Gott erzürnst! Schon ist die
Zeit angekommen, daß du gemäß deinen Taten empfängst, meinst du, du könntest
dich vor dem schrecklichen, alles sehenden und alles prüfenden Auge Gottes
verbergen?“Als er dieses hörte, schlug der Fürst auf das Pferd ein und fuhr davon, um
nicht noch mehr bloßgestellt zu werden. Nach Verlauf einiger Tage erkrankte er
schwer und begann auzutrocknen. Seine Angehörigen trugen ihn von einer Kirche in
die andere und von einem Arzt zum Anderen. Aber dieses brachte ihm keinerlei
Nutzen. Bald schied dieser verworfene (verkehrte) Mensch dahin zur ewigen Qual. In
einer Nacht sah der Heilige neben dem Hause dieses Fürsten einen von Westen
kommenden Engel des Hernn. Der Engel hatte die Gestalt einer Feuerflamme undhielt
einen großen, flammenden Finger. Als der Engel zu dem Kranken hintrat, hörte er eine
2. Oktober – Das Leben des heiligen Andreas, des Narren um Christi willen.
„Schlage diesen Lästerer, diesen verworfenen Sodomiter, sprich ihm Schläge
versetzend: Begehrst du weiter Sünden zu tun und andere Menschen zu verderben (zu
beflecken)? Wirst du zu einem teuflischen Verbrechen gehen, während du vorgibst
zum Morgengottesdienst zu gehen?“
Der Engel begann, das ihm Aufgetragene zu
tun. Dabei waren die Stimme des Engels und seine Schläge zu hören, der Engel selbst
aber war unsichtbar. In solchen Qualen gab dieser Mensch den Geist auf.
Als der hl Andreas einmauf den Markt kam, begegnetete er einem Mönch, den alle
wegen seines tugendhaften Lebens lobten. Er führte wirklich ein asketisches Leben wie
es den Mönchen gebührt, aber er war ohne Maßen der Geldliebe zugeneigt. Viele
Einwohner der Stadt beichteten bei ihm ihre Sünden und gaben ihm viel Gold zur
Verteilung an die Armen. Er aber gab es, da er einer unersättlichen Leidenschaft der
Geldliebe unterworfen war, niemandem, sondern steckte alles in eine Tasche und
erfreute sich am Anblick der Vermehrung des Geldes. Als der selige Andreas einmal die
gleiche Straße wie dieserbedauernswerte Mönch ging, sah er mit hellsehenden Augen,
daß ein schrecklicher Drache diesen Geldsüchtigen umschlang. Nahe hingehend zu dem
Mönch, begann der Heilige diesen Drachen zu betrachten. Der Mönch aber, der
Andreas für einen der Armen hielt, die um Almosen bettelten, sagte zu ihm:
wird sich deiner erbarmen, Bruder. Ich habe nichts, um es dir zu geben.“
Als der Heilige bis auf eine gewisse Entfernung von ihm weggegangen war, bemerkte
der Heilige, daß um ihn herum über dem Drachen in der Luft mit dunklen Buchstaben
geschrieben war: „Die Wurzel jedes Vergehens ist der Drache der Geldliebe.“ Als der
Heilige aber nach hinten blickte, bemerkte er zwei untereinander streitende Jünglinge -
einer von ihnen war schwarz und hatte dunkle Augen, das war ein Dämon, der andere
aber - ein Engel Gottes - war weiß wie himmlisches Licht. Der Schwarze sprach:
„Der Mönch ist meiner, denn er erfüllt meinen Willen. Er ist unbarmherzig und
geldgierig. Er hat nicht Teil an Gott und arbeitet für mich als Götzendiener.“
„Nein, er ist mein, entgegnete der Engel, denn er fastet und betet und ist dabei sanft
So stritten sie und es gab zwischen ihnen keine Übereinstimmung. Und vom Himmel
kam eine Stimme zu dem lichttragenden Engel:
„Nein, du hast keinen Teil an diesem Schwarzgekleideten [=Mönch], laß ihn, denn er
dient nicht Gott, sondern dem Mammon.“
Danach verschwand der Engel des Herrn von ihnen und der Geist der Finsternis bekam
über ihn die Führung. Dieses sehend erstaunte der selige Andreas, daß der feindliche
Dämon im Streit den lichten Engel überwunden hatte. Als er einmal auf der Straße
diesem Mönch begegnete, nahm der Heilige an der rechten Hand und sagte:
„Diener Gottes, höre mich, deinen Diener, ohne Zorn an. Und nimm meinen
armseligen Worte an, denn deinetwegen traf mich große Trübsal, und ich kann es nicht
weiter ertragen, daß du, der du zuerst ein Gottesfreund warst, nun ein Knecht und
Freund des Teufels geworden bist. Du hattest Flügel wie die Seraphim: Warum
übergabst du dich denn dem Satan, damit dieser sie bis zum Ansatz abstutze? Du
hattest ein wie der Blitz hellglänzendes Antlitz: warum verdunkeltest du? Weh mir! du
hattest Blicke gleichsam wie viele Augen (?), nun aber hat dich der Drache ganz blind
gemacht. Du warst ein Sonne, aber bist untergegangen in eine finstere und unheilvolle
2. Oktober – Das Leben des heiligen Andreas, des Narren um Christi willen.
Nacht. Warum, Bruder, hast du deine Seele in den Ruin getrieben, warum hast du dich
angefreundet mit dem Dämon der Geldliebe und zugelassen, daß sie bei dir bleibt?
Warum sammelst du Gold? Wirst du etwa mit ihm begraben werden? Nach deinem
Tod wird es ja doch anderen zukommen. Willst du denn, daß dich der Geiz in den Ruin
treibt? Zur gleichen Zeit, wo andere Hunger, Kälte und Durst sterben, erfreust du dich
am Anblick des Überflusses von Gold. Sind solcherart die Wege zur Buße und Reue? Ist
solcherart die Regel der Mönche, die befiehlt, das eitle Leben zu geringzuschätzen?
Hast du so der Welt und dem in ihr abgesagt? Bist du etwa so der Welt und all ihrer
Eitelkeit gekreuzigt? Hast du denn nicht den Herrn gehört, der spricht: „Ihr sollt nicht
Gold noch Silber … auch nicht zwie Mäntel ... haben“? (Matth. 10,9) Warum hast du
denn diese Gebote vergessen? Siehe jetzt oder morgen wird unser Leben enden, „aber
das, was du bereitet hast, wem wird es gehören?“ (Lk 12,20) Weißt du nicht, daß der
dich beschützende Engel sich mit Tränen weit von dir entfernt hat, der Teufel dagegen
steht neben dir, und um deinen Hals windet sich der Drache der Geldliebe, du aber
bemerkt ihn nicht. Ich sage dir die Wahrheit: Als ich vorüberging, hörte ich Den Herrn,
Der sich von dir lossagte. Ich flehe dich an: Verteile deinen Besitz an die Bettler, Waisen,
Witwen, Armen und Fremden, die keinen Platz haben, ihr Haupt niederzulegen. Mühe
dich und versuche, wieder ein Freund Gottes zu werden. Wenn du nicht auf mich hörst,
wirst du eines schlimmen Todes zugrunde gehen. Im Namen Jesu Christi bezeuge ich,
daß du sogleich den Teufel erblicken wirst.“
Nach diesem fügte er hinzu: „Siehst du ihn?“ Und es öffneten sich die geistigen Augen
des Mönches und er sah den Teufel – schwarz wie ein Äthiopier – in Gestalt eines
wilden Tieres mit einem schrecklichen Rachen. Aber er stand fern und wagte in
Gegenwart von Andreas nicht sich zu nähern. Da sprach der Mönch zum Heiligen:
„Knecht Gottes, ich sehe ihn, und eine schreckliche Angst umfängt mich. Sage
mir, was ist zur Rettung meiner Seele nötig?“
Andreas wiederum sprach zu ihm: „Glaube mir: wenn du nicht auf mich hörst, schicke
ich ihn auf dich, damit er quäle und mit nicht nur diese Bürger von deiner
Schändlichkeit hören, sondern auch alle vier Länder (Enden) der Welt. Hüte dich also
und erfülle, was ich dir sage.“
Dieses hörend fürchtete sich der Mönch und
versprach, alles zu erfüllen, was ihm der Heilige auftrage. Und sogleich sah Andreas,
daß von Ostenein gewaltiger Geist in Gestalt eines Blitzes kam, jenen Drachen
berührte und seine Kraft vernichtete. Der Drache, der nicht imstande war, dies zu
ertragen, verwandelte sich in einen Raben und verschwand. Ebenso ging auch der
schwarze Äthiopier zugrunde und der Engel Gottes erhielt wieder die Macht über jenen
Mönch. Sich von dem Mönch trennend gebot ihm der Selige: „Siehe zu, daß du nichts
über mich erzählst, ich aber werde deiner in meinen Gebeten Tag und Nacht gedenken,
auf daß der Herr Jesus Christus dich auf den guten Weg lenke. Der Mönch ging danach
und verteilte all sein Gold an die Bettler und wurde in der Folge von Gott und den
Menschen noch mehr verherrlicht. Viele brachten ihm Gold, damit er es an die Armen
gebe. Aber er gebot den Spendern, es mit eigenen Händen zu verteilen, indem er
„Welchen Nutzen habe ich davon, mich um fremden Unrat zu kümmern?“
Zu dieser Zeit als er so lebte, wie es einem Mönch gebührt, erschien ihm in einem
Gesicht der heilige Andreas mit freudigem Antlitz, zeigte ihm auf einem Feld einen
2. Oktober – Das Leben des heiligen Andreas, des Narren um Christi willen.
hellen Baum, der die Blüte einer süßen Frucht trug, und sagte: „Danke Gott, Vater,
dafür, daß Er dich dem Schlund des Drachen entriß und deine Seele einem
blütentragendem Baum gleich machte. Bemühe dich also, diese Blüte zu einer süßen
Frucht werden zu lassen. Dieser prächtige Baum, den du siehst ist ein Abbild deiner
Als er wieder zu sich gekommen war, erstarkte der Mönch noch mehr im geistlichen
Tun und dankte immerzu Gott und Seinem Wohlgefälligen Andreas, der ihn auf den
Weg der Rettung geführt hatte.
Der hl. Andreas war Gott so wohlgefällig und der Herr hatte ihn so lieb, daß er einmal
„ ähnlich dem Apostel Paulos „ bis zum dritten Himmel (2.Kor 12,2) hinweggenommen
wurde, dort unaussprechliche Worte hörte und die für einen Sterblichen nicht
schaubare Schönheit des Paradieses betrachtete. Darüber berichtete er selbst vor
seinem Ende seinem treuen Freund Nikephorus.
Einmal war ein besonders strenger Winter und in Konstantinopel herrschte zwei ganze
Wochen lang starker Frost. und alle Häuser waren mit Schneewehen bedeckt. Von dem
Frost brachen die Bäume und Vögel fielen tot auf die Erde, da sie keine Nahrung
fanden. Da befanden sich alle Bettler und Armen in großer Betrübnis und Not,
seufzend, weinend und zitternd vor Kälte starben sie in der Folge von Entbehrung,
Hunger und Kälte. Auch der selige Andreas, der keine Zufluchtsstätte und keine
Kleidung hatte, erfuhr damals in Folge der Kälte keine geringe Betrübnis. Als er in dem
Wunsch, sich wenn auch nur für einige Zeit unter einem Dach zu bergen, zu anderen
Armen ging, verjagten diese ihn mit Stöcken wie einen Hund und riefen:
„Verschwinde nur von hier, du Hund!“
Da er nun keine Zuflucht vor der eingetretenen Not hatte und am Leben selbst
verzweifelte, sagte er zu sich selbst:
„Gelobt ist der Herr Gott! Wenn ich an dieser Kälte sterbe, dann mag ich aus Liebe zu
Ihm sterben, aber Gott hat die Macht, mir auch die Geduld zu geben, diese Kälte zu
Als der Heilige in eine Seitengasse hineingegangen war, sah er einen dort liegenden
Hund und - in dem Wunsch, sich an ihm zu wärmen, legte er sich neben ihn. Aber als
der Hund ihn erblickte, stand er auf und lief weg. Und Andreas sprach zu sich selbst:
„Oh wie sündig bist du, Elender. Nicht nur die Menschen, sondern auch die Hunde
Als er so dalag zitternd von der schlimmen Kälte und dem Wind, sein Körper aber
erfror und blau wurde, dachte er, daß die Zeit seines letzten Ausatmens gekommen sei
und begann zu beten, auf daß der Herr seine Seele mit Frieden aufnehme. Und siehe
plötzlich spürte er in sich eine innere Wärme, und, nachdem er die Augen geöffnet
hatte, sah er einen wunderschönen Jüngling, dessen Angesicht leuchtete wie die Sonne.
Er hielt in seiner Hand einen Zweig, der mit verschiedenen Blüten bedeckt war. Auf
Andreas blickend sagte der Jüngling:
„Jetzt befinde ich mich „in Finsternis und im Schatten des Todes (Ps. 87,7)
Andreas atmete in sich den Duft dieser Blüten. Er drang in sein Herz, erwärmte und
belebte seinen ganzen Körper. Hierauf folgend hörte er eine Stimme, die sprach: